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Ich saß also mit der Leutnantsmutter beisammen und sie fragte
mich über ihren Sohn aus. Ich konnte nur Gutes berichten und
sie freute sich. Dann setzte sie mir Trockenbrot und Tee vor,
letzteren bereitete sie in einem Samowar zu. Man trinkt dort
den Tee aus der Untertasse, der Zucker wird in der Hand gehal-
ten, jeweils eingetaucht und dann zum Munde geführt.
Die Zimmereinrichtung war für unsere Begriffe ärmlich, doch
für dortige ganz passabel. Es gab auch zwei Betten.
Später kam dann die Familie von nebenan noch herein und quetsch-
te mich über die unmöglichsten Dinge aus. Ich antwortete immer
diplomatisch, ohne mir etwas zu vergeben. Endlich verabschiede-
ten sich die Leute und ich konnte schlafen gehen. Ich schlief
im Bett des Leutnants und sie angekleidet in ihrem. Als ich er-
wachte, war sie schon auf. Ich unterhielt mich noch mit dem
deutschen Mädchen. Es hatte viel Leid erduldet, der Vater war
verhungert, die Mutter arbeitete im Sägewerk. Seine jetzige
Stellung fand es ganz gut.
Bald darauf erschien mein Lastwagen und nach Abschied und Dank
ging es ohne Frühstück zum Hauptlager. Abends war ich wieder
im Wald.
Nicht lange danach besuchte uns die russische Ärztin aus dem
Hauptlager und schickte den größten Teil von uns dorthin zu-
rück, da unser Gesundheitszustand sehr schlecht war.
Ein neues Kommando begann. Irgendwo im Wald auf der Westseite
des Kanals stand eine grosse Holzhütte. Sie in Stand zu setzen
war unsere Aufgabe. Wieder galt es Bäume, diesmal aber kleine-
ren Kalibers, zu fällen. Sie dienten als Bauholz. Ferner mußten
4 lange starke Stämme als Blitzableiter hergerichtet und aufge-
stellt werden. Offenbar wollte man später explosive Stoffe hier
lagern. Wir hörten, der Kanal solle in einem Riesenprojekt in
ziemlicher Länge auf das Westufer heraufverlegt werden, um die
vielen Schleusen, die den Schiffen große Aufenthalte bereiteten,
einzusparen. Wir hofften nur, dieses Projekt nicht mehr selbst
ausführen zu müssen.
Zur Abwechslung kam ich dann mit einigen Kameraden auf Nacht-
schicht in einen Kiesbruch. Eine steile Hügelseite war abgeräumt
worden und wir fuhren in der Dunkelheit Kies in große , viereckige
Holztrichter.



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