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Einmal marschierten auch die Kleinsten der Dorfschule mit
ihrer Lehrerin an uns vorbei und sangen ein trutziges Lied
von den siegreichen russischen Fliegern. Scheu warfen
sie Seitenblicke auf uns. Sicher waren wir die ersten richtigen
Deutschen, die ihnen zu Gesicht kamen. Auf dem Rückweg trugen
sie die Arme voll von Pilzen, sie sangen spontan das gleiche
Lied und ihrer Lehrerin fiel es nicht ein, uns auch nur eines
Blickes zu würdigen. Sie waren rührend in ihrem Stolz.
Nach Vollendung der Straße bauten wir im Lager neue Baracken.
Pfähle wurden eingegraben und erhielten an ihrem oberen Ende
Zapfen. Das Holz kam frisch aus den Wäldern.
Die Arbeiten wechselten dauernd.
So zerlegten wir eines Tages am Kanal mehrere große Bretter-
flöße, als ein neuer Schleppzug in Sicht kam. Es handelte sich
um weiter 500 Kameraden, sie kamen aus Petrosawodsk am Onega-
See. Mit ihnen wuchs unsere Belegschaft auf etwa 1 500 Mann
an. Kanalabwärts entstand in einer Entfernung von 5 - 6 km
ein gleiches Lager, es nannte sich Lager 1, unseres Lager 2.
Eines Sonntags erschien ein Zementschiff und wir mußten es
entladen. Es gab eine elende Schlepperei, da so ziemlich alle
Säcke zerrissen waren.
Wieder arbeitete ich als Zimmerer, schälte Baumstämme mit dem
Spaten, zersägte sie in vorgeschriebene Längen und hackte mit
dem Handbeil die Träger aus ihnen, die mit den eingegrabenen
Pfosten verzapft werden sollten. So entstand ein Rahmen über
dem Erdboden, der nach Einfügen senkrechter und schräger Bal-
ken die Seitenwände trug. Das Innere der Baracken unterteilte
man in gleicher Weise in Räume, dann kam der Dachstuhl darauf.
Alle Arbeiten wurden mit den einfachsten Werkzeugen in Handar-
beit ausgeführt und schritten daher nur langsam vorwärts. Mit
uns arbeiteten immer nur einzelne Russen, die meist die Auf-
sicht führten.
Unten am Kanal erbauten zahlreiche Arbeiter drei hölzerne
Lastkähne, die im Freien lagen. Den ganzen Winter über baute
man daran, im Frühjahr waren sie fertig.
Wie beschrieben, entstanden zahlreiche Baracken. Das Lager
mochte 600 m in der Länge und 300 m in der Breite messen.
Im November - der Kanal war noch immer offen - kamen plötzlich
alle nicht Arbeitsfähigen fort.



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