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Die Nägel lieferte ein anderes Kommando im Lager, das sie aus
Stacheldraht fertigte.Überhaupt geschah in dieser Zeit eine Menge
um das Lager wohnlicher und gegen die Einflüsse des kommenden
Winters fester zu machen.Die Außenwände wurden mit Lehm ver-
putzt, die nötigen Stuckleisten stellten wir von Hand selbst her.
Nur an Glas fehlte es vollkommen.
Vor dem Lager entstand ein großer Gemüsegarten nach deutschem
Muster und die vorbeikommenden Russen staunten darüber nicht
schlecht.Eine Lagertischlerei war entstanden, die vor allem für
die russischen Offiziere Möbel und anderes Gerät anfertigte.Diese
Herren waren sehr arm mit Kind und Kegel angekommen und hatten
meist nur ein altes Eisenbett und einige wenige Habseligkeiten
in Säcken mitgebracht.Nun staffierten sie sich aus, billig und
gut.Wir mußten öfter für sie Brennholz hacken und gewahrten, wie
sie sich heranmachten.
Sonst sahen wir von den Herren im Lager nicht viel.Sie besorgten
die notwendigen Maßnahmen über die deutsche Kommandantur.
Auch innerhalb des Stacheldrahtes entstanden kleine Anlagen und
Gärtchen.Der Winter dauert in dieser Gegend sehr lange, die übrigen Jah-
reszeiten drängen sich auf 5 - 6 Monate zusammen, weshalb auch
der Frühling mit großer Macht einsetzt.Die Sommernächte sind sehr
hell, häufig konnten wir wunderschöne Nordlichter beobachten.
Blumen gedeihen nur in wenigen Sorten, ebenso Bäume und Sträucher.
Die Tomaten bleiben grün.An Getreide sahen wir Weizen, Roggen,
Gerste und Hafer.
Mit dem zunehmenden Sommer schälten sich auch die Russinnen aus
ihren Wattegarnituren und machten einen sehr netten Eindruck,
obwohl sie fast ausnahmslos schwer arbeiteten.Immer waren sie
lustig, sangen oder trieben Unfug.Sie erschienen weit aktiver als
die Männer.Mit uns Deutschen unterhielten sie sich gerne.
Deutschland schien trotz des verlorenen Krieges nicht an Achtung
eingebüßt zu haben.Eines Tages, wir schindelten gerade einen
Kartoffelbunker vor dem Lager, fiel einer älteren Frau die mit-
geführte Kuh auf der Straße und stand nicht wieder auf.Die Frau
versuchte alles mögliche, die Kuh kam nicht auf die Beine.Mit
einem Kameraden eilte ich ihr zu Hilfe.Bald stand das Tier.Die
Frau verbeugte sich mehrfach bis zur Erde und bedankte sich über-
schwänglich, wobei sie die alte Redewendung "gnädiger Herr" ge-
brauchte.



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