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Es gab auch eine Art Erholungspark, dessen markanteste Errun-
genschaften zahlreiche große Gipsbüsten verdienstvoller Männer
der neuen Zeit und ein hoher Stahlturm zur Ausführung von Fall-
schirmabsprüngen, wie ich dergleichen auch in Südfrankreich ge-
sehen, waren. Am Nordrand der Stadt lag der Pferderennplatz,
"Hippodrom" genannt. Im Sommer sahen wir häufig das Morgentrai-
ning der Pferde.
Ein Fluß, die Scheksna, begrenzt das Stadtgebiet im Westen und
Süden, nur ein kleiner Ortsteil liegt jenseits, ebenso der Flug-
platz. Die Scheksna ist infolge Stauung etwa 6oo - 8oo m breit
und wird im Sommer von vielen Dampfern und riesigen Flößen be-
fahren. Wir konnten später oft deutsche Spree- und Haveldampfer
und Schleppkähne, offenbar Kriegsbeute oder Reparationsgut, be-
obachten. Das Land ringsum ist leicht wellig, der Wald weit ent-
fernt.
Tscherepowez liegt an der Bahnlinie Leningrad - Wologda, letz-
teres ist die Hauptstadt des gleichnamigen Gebietes, das sich
seit Jahrhunderten bis auf den heutigen Tag zur Verschickung
mißliebiger Personen und von Verbrechern ausgezeichnet eignet.

Sehr bald begann unsere Arbeit.
Sie diente zunächst dem Ausbau des Lagers und der Winterfest-
machung. Wir schleppten Kartoffeln, die seit Wochen im Freien
an unserem Ausladeplatz lagerten und vom Frost längst in Steine
verwandelt waren, täglich dreimal in Säcken drei Kilometer weit
zum Lager, bei jedem Gang etwa 30 Pfund. Bewacht wurden wir von
Ungarn, Gefangenen gleich uns, und einem Russen.
Die Ungarn nahmen eine Sonderstellung ein, da sich offenbar in
ihrer Heimat Verhältnisse anbahnten, die den Russen eine solche
Behandlung empfahlen. Sie wohnten für sich und distanzierten sich
weitgehend von uns.
Ebenso vertraten etwa 15o Spanier ihre Nation. Es handelte sich
teilweise um Rotspanier, die seinerzeit zur Ausbildung nach
Rußland, doch nicht mehr zurechtgekommen waren, um Franco den
Sieg zu entreißen. Zum anderen Teil hatten sie der "Blauen Di-
vision" Francos, die auf deutscher Seite gegen Rußland gekämpft
hatte, angehört.



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