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Und so begann es : Tscherepowez.

Am 17.September 1945 führte man uns aus dem Gefangenenlager Pirna
heraus und in Güterwagen hinein, ich kam mit 41 Mann in einen
alten italienischen Zwölftonner.Alle Luken waren bis auf eine zu-
genagelt.Es war ein heißer Tag.
Etwa drei Wochen später lud man uns in Kowel um in russische
Fünfzigtonner, immer 90 Mann in einen.
Es begann merklich kälter zu werden.
Am 18.Oktober verließen wir unseren Zug, draußen lag Schnee.
Die Fahrt von 31 Tagen hatte ihr Ende gefunden.
Sie war ein einziges großes Leiden gewesen.
Unsere Füße trugen uns nur noch unter Aufwand der letzten Energie
zum Lager, drei Kilometer weit.
Sechzehn Kameraden marschierten nicht mehr mit uns ein.
Einzeln schleusten uns die Russen durch das Lagertor und verteil-
ten uns in Baracken.Jeder hatte etwa fünfzig Zentimeter Pritschen-
platz für sich.Nur wenige Gefangene erwarteten uns, sie waren
begierig, Nachrichten aus Deutschland zu hören, waren sie doch
zum Teil schon sehr lange in Gefangenschaft.
Unsere Unterkunft war mehr als dürftig.
Als Pionierlager erbaut und seit langem unbenützt, entbehrte sie
der wichtigsten Voraussetzungen, um einige tausend Menschen auf-
zunehmen.Es gab keine Wasserleitung.Das Wasser zum Kochen wurde
Tag und Nacht mit primitiven Handschlitten in Fässern vom nahen
Fluß geholt.Die Fenster besaßen zum großen Teil keine Scheiben,
wir dichteten sie mit Scherben, Pappe oder Lumpen ab.Eine Beleuch-
tung gab es nicht.Erst nach und nach bauten wir uns aus alten
Blechbüchsen oder Flaschen Lampen, die Dochte wurden aus Decken
geschnitten und als Brennstoff diente eine Art Petroleum, Kerosin
genannt.Gelegentlich verwendeten wir auch Benzin, man mußte ihm
allerdings Salz zusetzen, sonst gingen die Lampen hoch.Der Qualm
war derart, daß man morgens beim Husten oder Spucken schwarze
Klümpchen von sich gab.Anfangs stand uns nur für jeden Gang eine
Lampe zur Verfügung.Lange Pritschen zogen sich zweistöckig an
den Wänden, in der Mitte doppelt Kopf an Kopf, durchgehend hin.
Etwa 300 Mann hausten in einem Raum.Als Kopfkissen diente der
Rucksack, sofern vorhanden.Mit irgend einer Decke oder Mantel
deckte man sich zu.Die Matratze war aus Brettern.



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