Unterirdische Flugzeugfabrik Eschenlohe : Bericht Rüstungsstab Bau vom 16.12.1944
(Historisches Dokument)

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Bericht Rüstungsstab Bau vom 16.12.1944
über eine Inspektionsreise zu wichtigen Rüstungsbauprojekten in Süddeutschland
(Historisches Dokument)

In einem offiziellen dreiseitigen Bericht von einer Inspektionsreise nach Süddeutschland legt der Mitarbeiter Ewald im "Rüstungsstab Bau" des Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion den Stand von neun wichtigen Rüstungsbauprojekten im Dezember 1944, also nur 6 Monate vor Kriegsende dar. Der Bericht ist für seinen Vorgesetzten Hauptdienststellenleiter Karl Saur bestimmt. Im Abschnitt 6 erwähnt der Bericht die "Verlagerung Messerschmitt im Olympia-Tunnel Eschenlohe". Abschnitt 5 behandelt ein anderes wichtiges Rüstungsprojekt der Flugzeugfirma Messerschmitt, die "Stollenanlage der Versuchsanstalt Messerschmitt, Oberammergau". Siehe hierzu: Unterirdische ehemalige Flugzeugfabrik in Oberammergau. Auf Seite 3 dieses Berichts zeigt er die schwierige Versorgung der Rüstungsbauprojekte mit Zement auf.

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Abschrift

Rüstungsstab Bau
Berlin, den 16.12.1944

Herrn
HDL S a u r
vorgelegt.

Nachstehend einige Bemerkungen aus meiner letzten mehrtägigen Reise
durch Süddeutschland:

1.) MAN, Augsburg.

Die Arbeiten zur Beseitigung der Fliegerschäden sind nahezu abge-
schlossen. Die baulichen Maßnahmen für den Maschinenschutz sind in
diesem Werk als vorbildlich zu bezeichnen. Außer Ziegelwänden, Beton-
steinen u.dgl. hat die Firma in sehr zweckmäßiger Weise auch alte
Gußkörper usw. hierzu verwendet. Betrieblich zeigt sich hier der Ein-
druck einer sehr großen Arbeitsintensität. - Der Bunker "Arno" ist
erst in seinen Anfängen fertiggestellt. Über seine Weiterführung
wird besonders zu entscheiden sein.

2.) Waldwerke Messerschmitt.

Die besichtigten Waldwerke entsprechen in ausgezeichneter Weise dem
Charakter dieser Anlagen. Sie passen sich dem Gelände ausgezeichnet
an und sind in Ihrer Ausführung tatsächlich so primitiv, wie es für
diese Werke richtig ist. Im Übrigen wurde mit der Firma Messerschmitt
Augsburg, das gesamte zurzeit hier vorliegende Bauprogramm durch-
gesprochen und geklärt.

3.) Dynamit AG., Kaufering.

Dieses Bauvorhaben, das im Jahre 1940 begonnen wurde, nähert sich
baulich dem Abschluß. Die Inbetriebnahme soll für eine Stufe dem-
nächst zu erwarten sein. Bisher ist der Betrieb in diesem nunmehr
seit 4 Jahren laufenden Bau noch nicht aufgenommen worden.

4.) Bunker Kaufering.

Von den neun Gewölberingen sind fünf mit der ersten 3 m starken Be-
tonschale versehen. Mit dem Aushub unter dem Gewölbe ist begonnen.

5.) Stollenanlage der Versuchsanstalt Messerschmitt, Oberammergau.

Der Stollen ist etwa zu 1/3 ausgeschossen. Mit der Betriebsleitung
wurden alle Fragen durchgesprochen, damit die Aufnahme des Betriebes
jeweils unmittelbar der Fertigstellung des Baues folgt. Dem Anschein
nach wurde bisher hierauf nicht in dem notwendigen Maße gedrückt.
Wenn die Forschung, wie in O. behauptet wird, ganz besonders wichtig
ist, so ist zu prüfen, ob der Anstalt noch eine andere U-Fläche zu-
gewiesen werden kann, da der Stollen in O. erst im Sommer fertig wird.


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6.) Verlagerung Messerschmitt im Olympia-Tunnel Eschenlohe.

Der Ausbau ist bis auf geringe Restarbeiten fertiggestellt.
Die Fertigung ist nahezu vollständig im Gange. Auch in dieser
Fertigungsstätte herrscht der Eindruck größter Arbeitsintensität.

7.) Stollenprojekt der Fa. Dornier bei Tutzing.

Mit Rücksicht darauf, daß bei dem Ausbau dieser Stollenanlage
eine Betonauskleidung erforderlich wäre, wird dieses Objekt
fallen gelassen. Es wurde stattdessen der sofortige Ausbau
eines anderen Objektes bei Eschenlohe festgelegt, bei dem keine
Auskleidung erforderlich ist, sodaß nur ganz geringe Zement-
mengen für ein Fußbodenestrich benötigt werden.

8.) Dornier, Neu-Aubing.

Mit Major Bauer und der Fa. Dornier wurde das gesamte Bauprogramm
dieses Werkes besprochen und geklärt. Es kommen sofort ein Wald-
werk für die Rumpffertigung und ein Waldwerk für die Endmontage
zur Ausführung. Außerdem wird eine Verlagerung der Pressen in
ein Bauerndorf durchgeführt. Damit ist das Fertigungsprogramm
der Fa. Dornier baulich gesichert. Friedrichshafen und "Magnesit"
sollen in Zukunft wahrscheinlich nur für die Entwicklung in-
frage kommen.

9.) BMW "Allach".

Die verstärkte Einbunkerung der Elektronhalle mit 3,5 m Beton
ist zu etwa 50 % fertiggestellt. Es ist Vorsorge getroffen, daß
bei Zementknappheit bei rd. 70 % ein einwandfreier und sicherer
Abschluß der Verbunkerung getroffen werden kann.
Im Raume Bayern liegen nunmehr sämtliche Zementfressenden-Beton-
großbauten, die außer den U-Boot-Bunkern an der Küste zurzeit noch
ausgeführt werden, und zwar:

1. Großbunker Kaufering
2. Großbunker Mühldorf
3. Verbunkerung "Allach"
4. Verbunkerung Schmiede Schweibfurt
5. Bunker "Arno" der MAN.

Die Zweckbestimmung der Anlagen zu 1. - 4. ist bekannt. Der
Bunker "Arno" soll wenigstens 20 % der Motorenfertigung für
die neuen U-Boote sichern, die bisher in keiner Weise geschützt
ist. Die Motore werden zurzeit in Augsburg, Görlitz und Hamburg
gefertigt.


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Obwohl mit allen Mitteln versucht wird, den Zement für alle
diese Baustellen bereitzustellen, ist es möglich, daß die
Lage eintritt, daß die gleichmäßige Versorgung aller Bau-
stellen, die zusammen etwa 60 000 t je Monat erfordern, nicht
mehr gesichert ist. In diesen Tagen sind bereits wesentliche
Zementwerke Bayerns infolge Kohlenmangels zum Erliegen gekom-
men. Es ist m. E. nicht möglich, daß in diesem Falle AmtBau- OT-
allein entscheidet, welche der genannten Objekte bevorzugt mit
Zement versorgt werden und daß so allein durch Entschlüsse der
OT, die naturgemäß nicht allein durch die Gesichtspunkte der
Rüstung bestimmt sind, wichtigste Entscheidungen über die Kapazität
der Rüstung selbst bezw. ihrer Sicherung vorweggenommen werden,
abgesehen davon, daß es auch unmöglich ist, zu Gunsten weniger
Großobjekte den Rüstungsbau in seiner Breite zu schwächen. Ich
halte daher eine Besprechung dieser Frage unter Ihrem Vorsitz für
notwendig und bitte um entsprechende Anweisung.

gez. Ewald.



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